- Der Hund soll das für mich tun
- Wie lange muss ich den nun mit dem Futter herumlaufen
- Ich soll jetzt auch noch unterschiedliche Belohnungen vorbereiten
Ein Klassiker, wenn man den Trainings-Stil ändert oder gänzlich unerfahren – mit einer entsprechenden Vorstellung ins Hundetraining kommt. Es sind tatsächlich meistens Hundehalter, die vorher auf dem Hundeplatz waren oder gänzlich unerfahren sind und bislang nur die TV-Trainer gesehen haben.
Lass uns die erste Aussage betrachten: Der Hund soll das für mich tun?
Gegenfrage: Weswegen soll er das tun?
– … weil Du der Chef bist
– … weil Du ihm ein Dach über dem Kopf bietest
– … weil Du ihm sein Futter bezahlst
– … weil …
Das sind alles Werte eines Menschen und entsprechen 0 = NULL den natürlichen Eigenschaften eines Hundes. Diese Aussagen sagen viel über die Psyche des jeweiligen Menschen aus, allerdings ist das nicht meine Aufgabe als Hundetrainerin darauf aufmerksam zu machen. Dieses Wissen hilft mir nun insoweit, dass ich verstehe wie dieser Mensch denkt / fühlt und darauf baue ich die Vorgehensweise auf.
Selbst wenn oben die Aussage stehen würde: „… weil ich ihn lieb habe.“ Ist das kein Argument dafür, dass ein anderes Lebewesen einem hörig sein muss! Der Hund liebt seinen Menschen bestimmt ebenso, allerdings liebt er sich selbst auch und geht seinem Naturell einfach nach – er lebt seine Genetik aus. Man geht davon aus, das Verhalten aus 60% Genetik besteht und 40% Training, Prägung, … – manche sagen auch 70/30, so in dem Dreh wird es also sein. Man hat demnach 30-40% die man für sich nutzen kann.
Um Mahatma Gandhi zu zitieren:
Was man mit Gewalt gewinnt, kann man nur mit Gewalt behalten.
So sieht es auch mit strafbasierten Training aus – und aus eigener Erfahrung, es ist egal ob Hundeschule, -verein oder Gymnasium, Realschule & Co. … die Strafen müssen immer härter werden, da sie sich abnutzen und keine Wirkung mehr haben.
Wenn das erste Strafen ausgereicht hat, war es nicht verhältnismäßig und gibt auch demnach einen vermutlich nicht mehr zu heilenden Bruch in der Bindung.
Wie oben bereits erwähnt: Man hat keinen Anspruch darauf, dass ein anderes Lebewesen einem folgt / uneingeschränkt hört / etc. Wenn der Mensch aufgrund seiner Psyche dazu neigt, ist es die Baustelle des Menschen und hat mit anderen nichts zu tun.
Deswegen arbeiten wir hier Belohnungsbasiert – wie es der Mensch auch für sich möchte, man wird schließlich für seine Arbeit – hoffentlich – entsprechend entlohnt. Selbiges Prinzip nutzt man beim Hund. Deswegen muss die Belohnung auch dem Hund zusagen. Ob man sich hierbei primären Verstärkern (angeborene Verstärker wie Nahrung, Sozialkontakt, …) oder sekundären Verstärkern (die über einen Lernvorgang mit primären Verstärkern verknüpft worden sind) bedient, ist situativ und vom jeweiligen Hund abhängig. Der Mensch – auch ein Säugetiere, möchte seine angeborenen (Grund-)Bedürfnisse ebenso gestillt haben (primäre Verstärker) und für seinen Einsatz/Arbeit durch einen sekundären Verstärker (Geld) eine Befriedigung erfahren. Warum spricht man anderen Säugetieren dies ab?! Wir leben schließlich nicht mehr im 19. Jahrhundert.
Es zeigt jedoch deutlich, dass wir hier weiterhin Aufklärungsarbeit zu leisten haben und auch wenn es manchen Hundetrainern schwer fällt – ja, auch mir manchmal bei sehr hartnäckigen Fällen – dies immer wieder zu erklären, es ist so wichtig! Denn es geht hier schließlich um den Hund und dessen Wohlergehen!
Gerade gestern lass ich etwas auf dem privaten Facebook Profil einer Hundetrainerin: Hundehalter sollten sich doch darüber informieren und wissen, dass Hundetraining eine erlaubnispflichtige Tätigkeit sei etc etc etc.
Hmmm… Da bin ich zwiegespalten. Aufklärungsarbeit leisten inzwischen viele Hundeschule hinsichtlich der Trainingsformen – belohnungs- oder strafbasiert und welche Auswirkungen diese haben. Auch auf meinem Insta Profil gibt es hierzu ein paar Posts.
Wenn ich jedoch die Branche als Privatperson sehe bzw. Branchenübergreifend betrachte: geh ich zu meinem Arzt und frage ihn, ob er mich wirklich behandeln darf? Stelle ich erkundigen an bei der Ärztekammer, ob dem wirklich so ist?
Frage ich einen Unternehmer, ob er wahrhaftig die Befugnis besitzt die Dienstleistung xy auszuführen?
Nein, tue ich nicht. Auch ich frage im Umfeld nach Meinungen oder lese mir Bewertungen durch, schau mir Webseiten an, achte auf mein Bauchgefühl und bilde mir selbst eine Meinung nach einem persönlichen Treffen, wenn mein Bauchgefühl vorab gestimmt hat.
„Wenn der Hundehalter sich dafür interessieren würde, dann …. es geht ja schließlich um seinen Hund.“
Dieses Argument folgt früher oder später. Ja, der Hundehalter informiert sich doch und sucht sich Hilfe. Wahrscheinlich wie ich auch über Google und Co. An wen er dann gerät ist eben wie meine Suche nach einem Arzt oder durch das Umfeld entsprechend geprägt. Ob das Match passt oder nicht, wird sich dann zeigen.
Ich für meinen Teil schaue mir keine Hunde TV Shows mehr an – erträgt mein Herz nicht. Dennoch bekomme ich via Facebook z.B. mit, wer am Wochenende wieder einen Schnauzengriff gezeigt hat und die Hundebox als Strafe nutzt zur Verbannung.
Wo bleibt denn hier bitte die Empathie? Das war ein Welpe! …. Mir kommen grad die Tränen wenn ich mir das bildhaft vorstelle. Der kleine Wurm versteht doch die Welt nicht mehr. Aber gut … es ist denen ihre Wahl gewesen und der Hund muss darunter leiden. Es gibt schließlich auch Menschen die unter ihren Eltern oder Kollegen leiden. Jeder hat die Wahl – auch der Hund – ob und wie lange man dieses Leid erträgt. Nur beim Hund wird es eben mit einem Biss enden.
Ufff, ich komm nun wieder zurück zur sachlichen Ebene:
– Wie lange muss ich denn mit dem Futter herum laufen?
Beim Strafen fragt doch auch keiner: Wie lange muss ich dem in die Eier treten?
Es ist wissenschaftlich erwiesen, dass es beim Säugetiere mindesten 6 Wochen dauert, bis eine Verhaltensveränderung eintritt. Da der unplanbare Alltag oftmals dazwischen pfuscht, „mindestens“ 6 Wochen. Dann spielen Faktoren eine Rolle wie Konsequenz, Häufigkeit des Trainings, Aufbau des Trainings usw.
Wenn Du heute einen erwachsenen Hund hast: belohnst Du noch fürs „Sitz“? Wenn ja, läuft was verkehrt wie z.B. falsche Handhabe beim Aufbau und Du hast Deinen Hund dahingehend erzogen, erst dann etwas zu tun, wenn Du die Belohnung in der Hand hast.
Je nach Rasse / Genetik kann es jedoch sein, dass es Themen gibt – vielleicht ein Leben lang – an denen Du mit Futter arbeitest. Denn das obige Beispiel mit „Sitz“ ist nicht vergleichbar mit der Jagdambition eines Hundes. Grunderziehung und genetische Selektion sind zwei Paar Stiefel. DU hast Dir den Hund ausgesucht, der Hund stand nicht plötzlich vor Deiner Tür und wedelte „Hallo, ich gehöre jetzt zu Dir.“ Übernimm die Verantwortung.
Hundetrainerin für bindungs- & bedarfsorientiertes Training & Dogwalkerin
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