Ich gehöre eher zu denen, die ihr Können „unter den Scheffel stellen“, obwohl das praktische und theoretische Wissen nicht zu leugnen ist.

Gerade unterwegs, wenn man andere Hundehalter trifft, fiel es mir in der Vergangenheit schwer, mich mit unterstützender Hilfestellung zurück zu halten. Inzwischen denke ich „Solange ich keinen Auftrag habe, halte ich mich zurück – schont die Nerven 😄“.  Dennoch höre ich mir an, was mir Hundehalter erzählen und wie ihre Ansichten zu ihrem Hund aussehen – denn auch das entspricht ihrer Meinung nach der Wahrheit und ich finde es interessant zu hören, wie die Menschen ihren Hund durch ihre eigene Brille der Prägung und des Wissens betrachten – auch wenn sich mir die Nackenhaare stellen …
-> im Training ist das für mich natürlich ungemein wichtig: zum einen als Info für mich, ob meine Trainingsansätze zu den Menschen passen und zum anderen, wie ich die Ansätze am Besten gestalte, damit sie der Mensch umsetzen kann.

… Was das mit Titus zu tun hat? Ich dachte früher auch, dass ich viel wüsste – denn intuitiv lag ich ja meistens richtig. Doch mit der Ausbildung zur Hundetrainerin begann dieses Bild zu wackeln, es bekam Risse. Letztlich durch Titus noch viel mehr, denn: was ich wusste brachte mich kaum weiter. Er war nicht der erste Welpe / Junghund im Dogwalking und dennoch war und ist er in vielerlei Dingen anders. Das heisst nicht, dass andere Hunde ebenso sein müssen. Doch ich erkenne nun viel besser diese Facetten in so manchem Hund. Und genau hier kommen die Ansichten des Hundehalters zum Tragen. Sind Hunde einfach nur Hunde oder sind sie vielschichtige / komplexe Lebewesen? Gerade dieser Tage hat meine Mutter – die wenig mit Hunden am Hut hat, dafür aber sehr empathisch ist – gesagt „Die Hunde haben sich verändert. Sind viel sensibler und „kränklicher“ (anfälliger) geworden“. Meine Mum war bereits in Kindheitstagen von Hunden umgeben, ihr Vater trainierte Polizeihunde. Ich möchte diesem Satz nichts absprechen, denn er ist wahr – durch und durch! Doch haben sich die Hunde allein verändert, oder auch unsere Ansichten/Einstellungen zum Wissen in Erziehung und Prägung?

Kürzlich las ich den Satz „Gewaltfrei ist nicht antiautoritär.“ Dieser Satz ging mir nicht mehr aus dem Kopf, denn er beinhaltet sooo viel – was dem Hund letztlich schaden kann.
Bezogen auf das Video von Titus im Dogwalking als praktisches Beispiel:

Situation: Er dreht hoch aufgrund Übererregung und Stress. 

Autoritären Erziehungsstil würde bedeuten: 

Strenge, viele Regeln, hohe Erwartungen, Belohnung und Bestrafung kennzeichnen diesen Erziehungsstil. Der Hund wird in seinem Verhalten und Denken gelenkt, entsprechend den Vorstellungen des Menschen. Es werden häufig Kommandos an den Hund ausgesprochen.

Die Menschen respektieren nur geringfügig die Bedürfnisse und Wünsche des Hundes, da sie ihm meistens vorgeben, was er tun soll. Oft wird der Hund, wenn er autoritär erzogen wird, zurechtgewiesen und getadelt. Es besteht also eine klare hierarchische Struktur und der Hund ist den Menschen untergeordnet. Autoritäre Hundehalter stellen mit diesem Erziehungsstil hohe Anforderungen an ihren Hund und geben ihm wenig emotionale Unterstützung. Durch die vorgegebenen strengen Regeln und Befehle hat der Hund keine Möglichkeit, sich zu entfalten und ein gesundes Selbstwertgefühl zu entwickeln.

Ich könnte ihm daher „klare Grenzen setzen“ indem ich das Verhalten unfreundlich unterbreche (Rütteldose, Wurfketten – die tun ja nicht weh solange ich ihn nicht treffe), ihn zusammen stauchen während dessen ich ihn zu mir her kommandiere – natürlich mit entsprechender Köperhaltung um dem Ganzen mehr Ausdruck zu verleihen, die Leine in die Hand nehmen und ihm den Freilauf verweigern. 

Hilft das Titus oder hilft mir das? 

Natürlich ist es nicht schön, wenn der Hund unerwünschtes Verhalten zeigt. Doch es liegt an mir die Situationen entsprechend einzuschätzen und zu gestalten, damit mein Hund diese absolvieren kann. 

Im Falle des Videos: Titus zeigte einen kurzen Rückfall im Verhalten – er läuft seit längerer Zeit nicht mehr im Dogwalking mit. Die Situation an dem Tag war entsprechend, so dass ich ihn mitnehmen konnte – auch um zu sehen, in wie weit das Training fortgeschritten ist und Erfolge zeigt. 

Meine Reaktion war:

– Unerwünschtes Verhalten freundlich beenden
– Ihn aus dem Hinterhirn zurück holen ins Vorderhirn durch eine fokussierende Übung
– Signal „Langsam“ (vorab etabliert)

=> Ich musste keine aversiven Mittel wie Rütteldose oder Wurfketten einsetzen. Es gab keine Drohhaltung meinerseits. Dafür Hilfe und Unterstützung, Alternativverhalten und emotionaler Support. 

Manche sagen „Training über positive Verstärkung geht nicht ohne negative Strafe“. Ich sage, es geht sehr wohl 😊 Dafür benötigt es allerdings Management und ein gutes Auge – was leider auch nicht jede/r Trainer/in kennt und hat. Das ist nicht negativ gemeint – jeder fängt mal an einem Punkt x an und wächst mit seinen Aufgaben. Gerade der Schritt von Theorie in die Praxis – das wird jede Kollegin & Kollege bestätigen können bzw. auch Du als Hundehalter wenn Du z.B. den Führerschein gemacht hast – die ersten Auto Fahrten waren doch auch merkwürdig. Wichtig ist nur: 

Nicht stehen bleiben, sondern weiterentwickeln!  💛

Habt noch einen schönen Abend. 

Liebe Grüße

Verena mit Fips und Titus  

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