Rangordnung heutiger Stand

Der heutige Stand der Wissenschaft ist, dass man keine Rangordnung in der Mensch-Hund-Beziehung ausmachen kann (siehe Bradshaw). Der Mensch ist kein Hund und der Hund ist kein Mensch. Wir sind unterschiedliche Arten und haben unterschiedliche Bedürfnisse. Wobei ich persönlich das Wort „Bedürfnis“ unterteile in „genetische“ und „soziale Aspekte/Bequemlichkeit“ ?
soziale Aspekte / Bequemlichkeit: z.B. liegen auf der Couch oder im Bett beim Menschen

genetische: der Ochsenziemer zum Knabbern oder das Suchen nach einer Maus oder dergleichen

In der Mensch-Hund-Beziehung ist der Mensch doch sowieso der „vorherrschende Part“: wir bestimmen, was unser Hund an Futter bekommt, wann er Gassi geht, wo er Gassi geht, wann und mit wem er spielen sollte, auch einschneidende Dinge wie Fortpflanzung bzw. Kastration ….. Das sind zwar mitunter Elemente, die bestimmt werden durch unseren Alltag und vorhandenes Budget, doch der Hund hat eigentlich keine Wahl als diese zu akzeptieren. Außer, er reagiert irgendwann mit Symptome auf mangelnde Qualität im Futter oder sträubt sich gegen die immer zu gleiche Gassi Strecke – doch da heißt er wieder „Der Hund sei dickköpfig!“ … wollen wir jeden Tag das gleiche lesen?!

Die Kastration war, meiner Meinung, nach eine Zeit lang wie eine Art Modeerscheinung. Traf ich mit Fips – damals als Welpe / Junghund – auf irgendwelche Leute war die erste Frage – nach dem obligatorischen „Oh wie süß!“ – „In welche Hundeschule gehst Du?“ und danach kam mehr als Annahme statt Frage „Du lässt ihn doch kastrieren?!“

Die Gesellschaft als Manipulator?
– Trifft es ganz gut.

Kann ich von der Gesellschaft eine fundierte fachliche Kompetenz erwarten?
– Nein!

Bevor ich nun gänzlich abschweife nur kurz zum Schluss des Themas „Kastration“:
Du als Hundehalter kannst das mit beeinflussen! Die Züchter wollen hormonell hochgefahrene Hunde: Hündinnen sind bereitwilliger im Deckungsakt und werfen mehr Welpen = mehr Geld pro Wurf für den Züchter, beim Rüden ist die Deckungsbereitschaft ebenfalls bereitwilliger – ob es Auswirkungen auf die Qualität des Samens hat, kann ich jetzt aktuell nicht beantworten. Worauf es definitiv Auswirkungen hat, ist auf sein Verhalten im Alltag: mehr Stress, mehr Konkurrenz denken, ….. usw.

Das heißt, wenn Du als Käufer eine entsprechende Auswahl bei den Züchtern vornimmst und ein solches Verhalten nicht unterstützt, bekommt wir langfristig betrachtet auch wieder Hunde, die man nicht kastrieren – weil sie hormonell hochgefahren sind – und die auch intakt mit Artgenossen klar kommen!

=> Beleuchtet die Züchter mehr, hinterfragt und schaut genau hin! Wenn das denen unangenehm ist oder Du das Gefühl hast, sie wollen etwas verbergen: lass die Finger weg!!!

Wie im letzten Artikel bereits geschrieben, ist die Dominanztheorie bzw. die Rangordnung ein Gedankenmodell des Menschen. Wenn nun jemand die Wahrnehmung hat, dass der eben beschriebene „vorherrschende Part“ in der Gestaltung des Hundelebens die Nennung als „Alpha Position“ inkludiert, kann man diesem jemanden schwerlich sagen, dass er falsch liegt – denn so ist eben seine Wahrnehmung, genauso die der Gegenüber eben eine andere Wahrnehmung hat.

Anhand den Straßenhunden konnte man verschiedene Beziehungen beobachten:

  • vermehrt sind die Hunde Einzelgänger
  • manchmal als Paare unterwegs
  • kleine Gruppen mit maximal 10 Individuen konnten an Plätzen festgestellt werden mit erhöhter Futteransammlung (Müllhalden dergleichen). Wobei diese Gruppierungen sehr lose waren und immer wieder Veränderungen hatten – folglich wenig Struktur

Dominanzbeziehungen erkennen

  • bisher dürfte klar sein, dass Rangbeziehungen sehr komplex sind, sofern man von Rangbeziehungen reden kann
  • Dominanz ist EIN Aspekt einer Beziehung
  • Ein Hund ist nicht immer dominant
  • Dominanz ist:
    – kein Trieb
    – kein Persönlichkeitsmerkmal
    – extrem umweltabhängig

Es gibt eine Studie von Scott & Fuller aus 1965, hier wurden Welpen beobachtet und man wollte eine Wurf-interne Rangordnung zwischen den Welpen ausmachen.

Im Ergebnis steht sinngemäß:
„Die beobachtete Rangbeziehung war stark vom jeweiligen Beobachter abhängig.“ (lt. Gerd Schreiber)

Somit ist wieder klar: die Beobachtungen einer Dominanz sind nicht mehr objektiv, sondern subjektiv.

Dominanz in der Kynologie / im Hundetraining

  • 1910: Konrad Most war aufgrund seiner eigenen Prägung der Meinung, dass die Vorherrschaft durch eine körperliche Auseinandersetzung stattfinden muss.
    Konrad Most und Max von Stephanitz (Gründer des Deutschen Schäferhund Vereins) waren miteinander bekannt und so kam es, dass diese Form des „Trainings“ Einzug hielt für den Deutschen Schäferhunde Halter und auch leider bis heute stellenweise präsent ist
  • 1962: William Koehler veröffentliche seine Anleitung zum Bestrafungstraining. (The Koehler Methode). Koehler trainierte auch die Tiere in den damaligen Disney Filmen …. ? für mich schockierend!
  • 1979: Ian Dunbar, Hundetrainer Wissenschaftler, äußerte erstmals die Ineffektivität der körperlichen Auseinandersetzungen und wies auf die Auswirkungen hin. Ebenfalls wurde hier erstmals die bessere Variante der positiven Verstärkung erwähnt
  • 1996: Jean Donaldson löste mit ihrem Buch „the culture clash“ einen Kulturschock aus. Sie ist der Meinung, dass Hunde anders sieht und diese Rangordnungsbeziehungen so nicht existent sind und das wir uns doch vielmehr darauf einlassen sollten, womit wir Hundeverhalten verändern können – nämlich der Lerntheorie, operante und klassische Konditionierung.
  • 2001: Steven Lindsay brachte eine Zusammenfassung von wissenschaftlichen Arbeiten heraus – insgesamt 3 Teile. Gibt es nur englischer Sprache, dennoch sehr interessant.
  • 2005: James O´Heare und Barry Eaton beschäftigten sich jeweils mit der Dominanztheorie bei Hunden und veröffentlichten ihre Bücher – zB Fact or Fiction. Beide kamen zu dem Resultat, dass diese Dominanztheorie für die Hundehalter kein gutes Konzept ist, da wir schlicht und ergreifend damit nichts anfangen können.

Rangreduktionsprogramm

  • Hund muss den Weg freimachen
  • Hund muss hinten stehen
  • Alpha beginnt und endet die Interaktion
  • Hund niemals gewinnen lassen
  • Keine erhöhte Liegeplätze
  • Vor dem Hund essen
  • Mensch geht als erster durch die Tür
  • An der Leine ziehen ist Dominanz

Das hier kennt vermutlich jeder Hundehalter.

Einzelne Segmente, wie z.B. vor dem Hund aus der Haustür gehen vor dem Aspekt der Sicherheit natürlich eine andere Wahrnehmung, als in dem Rangreduktionsprogramm.

Das eigentliche Problem

Wenn aus dieser Theorie heraus der Mensch den Hund bedroht – sei die unbeabsichtigt, aus Unwissenheit heraus oder beabsichtigt, wird die Reaktion des Hundes (knurren, abschnappen, …) als Dominanz bewertet, der Mensch muss folglich dominanter sein – bedroht noch mehr …. man befindet sich in einer aufwärts Spirale.

Mein Fazit

Es gibt keine Beziehung ohne Regeln / Grenzen, allein schon zum wahren der jeweils eigenen Bedürfnissen.

Damit das Miteinander mit Deinem Hund klappt, hier ein paar Tipps:

  • lehre Deinem Hund die Regeln und setze diese nicht voraus
  • Lernen über befriedigende Belohnung innerhalb der Grenzen
    – Du musst Dir allerdings vorab klar werden, wo die Grenzen sein sollen und diese nicht Tagesform abhängig verschieben! Zudem muss die Belohnung Deinem Hund schmecken und nicht Dir.
  • Leben innerhalb der Grenzen füllen: lerne Deinen Hund kennen, was macht ihm Spaß und Freude … fülle das Leben Deines Hundes damit aus.
  • setze die Grenzen ohne Deinen Hund zu ängstigen

Hab viel Spaß mit Deinem Hund und genieße die Zeit ????

Liebe Grüße

Verena

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